Larissa Leienbach

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Imposter-Syndrom & Selbstzweifel verstehen und überwinden

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Warum sich ausgerechnet smarte und erfolgreiche Menschen wie Hochstapler:innen vorkommen und 7 Tipps, wie man Gefühle der Unsicherheit langfristig ablegt.

Ein ständig nagendes Gefühl von Selbstzweifeln, Unsicherheit und Angst, dass andere denken, wir seien nicht gut genug in dem, was wir tun - kommt dir das bekannt vor?

In diesem Blog-Artikel erkläre ich dir:

  • wie du diese Gefühle akzeptieren kann und dich nicht davon lähmen lässt,

  • wie du zwischen Alltagsangst und den negativen Denkmustern, die uns zurückhalten, unterscheidest und

  • wie du eine neue Denkweise schaffen kannst, die es dir erlaubt, deine Erfolge zu feiern.


Vielleicht kennst du nur allzu gut die folgenden Reaktionen in bestimmten Situationen (gedacht oder laut ausgesprochen):

Wenn du gelobt wirst:

  • Ich hatte einfach Glück.

  • Ich hatte ein tolles Team.

  • Das Publikum/Meine Führungskraft/Der Kunde oder die Kundin mochte mich einfach.

  • ...

Wenn du einen Fehler gemacht hast:

  • Ich wusste es, ich gehöre einfach nicht hierher.

  • Dazu war ich nie fähig.

  • Ich bin ein Versager/eine Versagerin.

  • ...

Wenn du vor einer neuen und herausfordernden Situation oder Aufgabe stehst:

  • Ich sollte all das bereits wissen.

  • Ich muss es alleine tun./Ich darf nicht um Hilfe bitten.

  • Ich muss es perfekt machen.

  • ...

Viele Menschen kennen Angst oder Selbstzweifel, besonders in neuen und herausfordernden Situationen (z.B. nachdem sie eingestellt wurden, nachdem sie ein großes Projekt erhalten haben).

Es besteht aber ein Unterschied darin, ob dieses Gefühl nur gelegentlich auftritt oder sich langfristig festsetzt und dich regelmäßig in deiner Leistungsfähigkeit einschränkt.

Im zweiten Fall spricht man vom Hochstapler-Syndrom oder Imposter-Syndrom - der allgegenwärtige Gedanke, dass wir nicht so klug, kompetent oder talentiert sind, wie die Leute denken. Dass wir es irgendwie geschafft haben, Hochschuldozent:innen, Führungskräfte, Kund:innen, Patient:innen, die Öffentlichkeit oder wen auch immer zu täuschen - im Grunde alle, die an uns geglaubt haben.

Erstmals wurde dieser Begriff in einer psychologischen Studie von Pauline Clance und Suzanne Imes formuliert. Diese Studie untersuchte erfolgreiche berufstätige Frauen, die selbst nicht von ihrer Intelligenz und ihrem Können überzeugt waren und glaubten, ihre Leistungen würden von anderen überschätzt.

Es mag zunächst kontra-intuitiv erscheinen, aber tatsächlich lässt sich beobachten, dass je gebildeter man ist, desto größer ist die Chance, dem Imposter-Syndrom zu erliegen. Tatsächlich leiden so genannte High-Achievers am häufigsten unter diesem Übermaß an Selbstzweifeln. Sie haben oft unbestreitbare Beweise für Errungenschaften und Fähigkeiten vorzuweisen - häufig eine ganze Liste von Erfolgen.

Typisch ist hier das folgende Gedankenmuster: Erfolg ist auf externe Faktoren wie Glück zurückzuführen, Misserfolg wird auf persönliche Unzulänglichkeit zurückgeführt und einzelne Fehler als Versagen auf der kompletten Linie angesehen.   

Mangelnde Repräsentation verstärkt das Gefühl von "ich gehöre nicht hierher" und "warte nur, bis sie merken, dass ich weniger fähig bin" übrigens. In den in der heutigen Zeit meist vorherrschenden maskulinen Kulturen liegt deswegen die Vermutung nahe, dass Frauen aus ethnischen Minderheiten häufiger betroffen sind.

(Auf das Imposter-Syndrom und den Zusammenhang mit Diversity (Vielfalt) und Inklusion werde ich in einem gesonderten Blogbeitrag noch näher eingehen).

Was nicht hilft, das Imposter-Syndrom zu überwinden:

  • Eigentlich ist es ja etwas Schönes, von anderen ermutigt zu werden. Um langfristig Selbstzweifel und Unsicherheit zu überwinden, liegt der wahre Schlüssel allerdings nur in der Veränderung deiner Selbstwahrnehmung.

    Vielleicht hast du Menschen in deinem Umfeld, die Dinge sagen wie: "Du machst einen tollen Job" und "Du bist so gut in dem, was du tust”oder auch "Du machst dir unnötig Sorgen", "Sieh dir doch mal an, was du bereits erreicht hast".

Das ist zwar gut gemeint, hilft aber oft nicht weiter. Die “Hochstapler:innen” werden das nicht glauben. Denn wenn du selbst nicht davon überzeugt bist, ist es oft nicht leicht, anderen zu glauben.

Ähnlich übrigens tatsächlich hier: Deine Selbstzweifel werden nach dem Lesen dieses Blog-Artikels (höchstwahrscheinlich) nicht verschwinden. Es geht aber auch nicht darum, einen Text zu lesen oder einen Vortrag zu hören, erklärt zu bekommen, wie man das Imposter-Syndrom überwinden kann und sich direkt danach nicht mehr so zu fühlen.  

Denn es handelt sich wahrscheinlich um etwas, das du schon lange praktizierst und es ist tief in deinen Gewohnheiten und deinem Verhalten verwurzelt. Gebe dir daher etwas Zeit, um neue Gewohnheiten zu etablieren.

  • Der Austausch mit Gleichgesinnten, die große Selbstzweifel ebenfalls kennen, kann auf jeden Fall gut tun. Es verstärkt das Gefühl, nicht allein zu sein. Vor allem, wenn es sich um Personen in deinem Umfeld handelt, die du respektierst und bewunderst.

Doch nur darüber zu sprechen, dass man ähnlich fühlt, ändert nicht viel - es sollte im Austausch auch darum gehen, was man dagegen tun kann. Daher versuche in diesen Gesprächen den Fokus darauf zu legen, herauszufinden, wie andere damit umgehen und was ihnen geholfen hat.

Hier gebe ich dir nun sieben konkrete Handlungstipps, um Selbstzweifel und Unsicherheiten nachhaltig loszuwerden:

7 Tipps zur Überwindung des Imposter-Syndroms:

Tipp Nummer 1: Normalisiere und relativiere deine Erfahrung.

Häufig hilft bereits das Wissen, dass es in ein solches Syndrom gibt, dass diese Gefühle einen Namen haben. Das macht es weniger vage, und deutlich greifbarer. Wenn es ein Wort dafür gibt, kann man Hilfe finden, Bücher lesen, Gespräche darüber führen.

Hast du dich auch sofort erleichtert gefühlt, wenn jemand zu dir sagt: “Das (wie du dich fühlst, was du denkst), ist normal”? Du bist nicht die einzige Person auf diesem Planeten, der es so geht, nicht der oder die eine seltsame Außenseiter:in.

In ihrem Buch “Lean In”* beschreibt Sheryl Sandberg ihre persönliche Erfahrung mit dem Imposter-Syndrom und unzählige Menschen fühlten sich allein durch dadurch besser, dass sie es mit der Welt teilte.

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Tipp Nummer 2: Erkenne, dass ein Umlernen möglich ist.

Menschen, die nicht unter dem Imposter-Syndrom leiden, wissen nicht mehr und sind nicht besser als du. Der Unterschied besteht darin, dass während der gleichen Situation, die in uns ein Gefühl des Hochstaplers auslöst, sie andere Gedanken haben. Sie sind nicht intelligenter oder fähiger.

Früher dachte man übrigens, dass es sich beim Hochstapler-Phänomen um ein Persönlichkeitsmerkmal handelt, das unveränderlich ist. Mittlerweile hat sich die wissenschaftliche Meinung dazu geändert.

Das sind gute Nachrichten! Es bedeutet, dass wir "nur" lernen müssen, wie sie zu denken und nicht daran verzweifeln müssen, dass wir "so" sind und uns niemals werden ändern können.

Tipp Nummer 3: Kein negativer Self-Talk mehr.

Höre unbedingt mit negativen Selbstgesprächen und der Internalisierung von Misserfolgen auf. Immer wenn du dich dabei ertappst, wenn du so mit dir redest (“Ich kann das nicht, ich bin so blöd, was mache ich hier?”), stoppe das sofort. Nur weil dir ein Fehler unterlaufen ist und du dich schlecht fühlst, heißt das nicht, dass du inkompetent bist.

Erkenne an, dass du dich irren kannst und Fehler machen wirst. Genau wie alle anderen. Wahrscheinlich bist du mit Personen um dich herum viel entspannter und nachsichtiger als mit dir selbst? Dann versuche, auch mit dir selbst wie mit einer guten Freundin zu reden und übe dich in Selbstmitgefühl.

Tipp Nummer 4: Ändere negative Glaubenssätze.

Überprüfe deine inneren Überzeugungen. Vielleicht hast du folgende Glaubenssätze verinnerlicht: "Es ist mir nicht erlaubt, Fehler zu machen", "Ich kann nicht um Hilfe bitten", "Ich sollte immer die Antwort wissen".

Wie entlarvst du solche Gedanken? Sie sind häufig sehr absolut formuliert und enthalten Formulierungen wie “immer” oder “nie”. Oft handelt es sich auch um Sprichwörter oder Redewendungen (“ohne Fleiß kein Preis“). Sie lösen Gefühle von Druck oder Angst aus und wirken nicht ermutigend.

Wenn dir welche in den Sinn kommen, schreibe sie dir am besten auf und versuche, sie umzuformulieren oder ganz zu streichen. Meistens wird uns in diesem Prozess schon bewusst, welch hohe Maßstäbe wir an uns legen, die wir aber in den seltensten Fällen erfüllen können (oder müssen!).

Tipp Nummer 5: Erkenne deine Erfolge an.

Nimm die Anerkennung für deinen Erfolg entgegen. Begründe es nicht nur mit Glück, Zufall, Teammitgliedern, deinem Mentor oder anderen externen Faktoren.

Relativiere deine Erfolge nicht, wenn du gelobt wirst und bedanke dich für positives Feedback ohne deine eigene Leistung abzuwerten.

Tipp Nummer 6: Sprich über deine Leistungen.

Mache dir deine Erfolge bewusst und konzentriere dich auf das Positive. Wir sind darauf trainiert (und für Frauen ist das noch häufiger der Fall), bescheiden zu sein, nicht über unsere Leistungen zu sprechen oder gar darüber nachzudenken - es könnte ja arrogant oder egozentrisch wirken - und uns eher auf unsere Fehler und Mängel zu konzentrieren.

Ich bin keineswegs ein Fan von Prahlerei, aber stolz auf das zu sein, was man getan hat und wer man ist, ist gesund. Und notwendig.

Wenn das für dich schwierig ist, versuche dir vorzustellen, dass du über deinen besten Freund oder einen bewunderte Kollegin sprichst, wenn du eigentlich von dir selbst redest. Es ist oft einfacher für uns, andere zu loben, als unsere eigenen Leistungen anzuerkennen.

Tipp Nummer 7: Sieh den Nutzen in Misserfolgen.

Versuche, Scheitern als etwas Positives zu betrachten. Ich weiß, dass wir (vor allem in Deutschland) eine Kultur haben, die Misserfolge nicht so leicht verzeiht und Fehler werden keineswegs als etwas Gutes angesehen, wie es in den USA oft der Fall ist.

Anstatt Fehler zu dramatisieren oder als Beweis für Inkompetenz zu betrachten, nimm sie als eine Gelegenheit zum Lernen. Es ist wie in Experimenten - nur durch Ausprobieren, Scheitern, Lernen und Verändern kann man besser werden. Mein Lieblingsbeispiel aus der Geschichte ist Thomas Edison, der Tausende von Glühbirnen entwickelte und testete, bis es funktionierte. Seine Einstellung dazu war “Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren”.


Bonus-Tipp mit Sofort-Effekt

Zum Beispiel zur Anwendung vor Präsentationen oder Vorstellungsgesprächen.

Nehmen wir einmal an, du hast bereits an deiner Denkweise und inneren Einstellung gearbeitet und die oben genannten Ratschläge so gut wie möglich befolgt.

Jetzt stehst du tatsächlich vor einer neuen und herausfordernden Situation und spürst, wie eine gewisse Angst aufkommt.

Wann immer dies geschieht, befolge diese Quicktipps, um dich sofort besser zu fühlen (ich wende sie selbst an und verspreche dir: es funktioniert!).

Je nachdem, wie viel Zeit du vorher hast, versuche Folgendes:

Am Vortag bzw. bis zu 30 Minuten vorher: Stelle dir vor, dass du bei dieser Präsentation, diesem Interview, diesem Treffen erfolgreich sind. Stelle dir vor, dass es optimal läuft und wie gut du dich dabei fühlst. Unser Gehirn kann den Unterschied zwischen Dingen, die tatsächlich geschehen, und Dingen, die nur in unserem Kopf geschehen, nicht erkennen - nutze dies, um dich durch reine Vorstellungskraft so zu fühlen, als wäre es schon erfolgreich gelaufen. Du wirst deutlich optimistischer und gelassener in die Situation gehen.

Etwa 15 Minuten vorher: Suche dir eine Ecke zu finden, in der dich niemand sieht oder gehe auf die Toilette oder in einen Waschraum. Nehme für mindestens 30 Sekunden die Superheld:innen-Pose ein und fühle, wie viel selbstbewusster du dich in dieser Haltung fühlst. Du gibst du deinem Gehirn und Körper vor, wie du dich fühlen willst, anstatt darauf zu warten, bis die Angst überhand nimmt.

Unmittelbar vorher: Sollte dich kurz vorher die Nervosität überkommt, sage dir selbst: Ich bin aufgeregt! Angst und Nervosität sind keine hilfreiche Emotionen. Aufregung, Stolz, Enthusiasmus, Spannung und Neugierde sind ganz positiv besetzt, erzeugen aber tatsächlich ähnliche physiologische Reaktionen in unserem Körper. Wie gesagt, unser Verstand kann den Unterschied nicht fühlen, also übernehme einfach und entscheide, was du fühlen willst. Der bekannte Psychotherapeut Fritz Perls beschrieb Angst übrigens als "Aufregung minus Sauerstoff".


Hat das Hochstapler-Syndroms etwas Gutes?

Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass das Imposter-Syndrom auch seine gute Seite hat, weil es dich demütig macht und vor zu große Selbstüberschätzung bewahrt?

Früher habe ich ähnlich gedacht und war fast stolz darauf, eine solche Charaktereigenschaft zu besitzen. Machte sie mich nicht bescheiden und bewahrte mich vor Arroganz und Eitelkeit? Mittlerweile denke ich anders und finde nicht, dass das Imposter-Syndrom als etwas Erstrebenswertes angesehen werden sollte.

Die Chance, dass du zu einem arroganten Angeber wirst, der oder die nur über sich selbst spricht, ist tatsächlich ziemlich gering, wenn du unter dem Hochstapler-Syndrom leidest. Es gibt nämlich nicht nur diese beiden extremen Optionen, sondern:

  • Du kannst das Imposter-Syndrom überwinden und trotzdem bescheiden auftreten.

  • Du kannst stolz auf deine Erfolge sein, ohne arrogant zu wirken.

Wenn du nicht am Imposter-Syndrom leidest, bedeutet das übrigens nicht, dass du in einer neuen Situation keine Angst haben kannst. Das sollte auch nicht das Ziel sein.

Furcht ist eine normale Reaktion auf das Unbekannte (wie gesagt, auch “Nicht-Hochstapler:innen” haben sie). Es geht daher vielmehr darum, eine gesunde Reaktion auf Kritik, Versagen und Angst zu entwickeln - und nicht darum, eingefroren zu sein und die eigenen Fähigkeiten und ganze Person in Frage zu stellen.

Denn am Ende willst du etwas erreichen, andere inspirieren und erfolgreich sein mit dem, was du tust.

Auch hier gilt: Warte nicht, bis du dich sicher genug fühlen, um mit dem zu beginnen, was du tun willst.

Neue Herausforderungen werden immer ein gewisses Maß an Angst oder Spannung erzeugen. Das ist normal und bedeutet nicht, dass du nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu bewältigen.

(Selbst-)Vertrauen entwickelt sich aus Handlungen. Daher gilt: Beginne, bevor du bereit bist (bzw. dich bereit fühlst).

  • Brauchst du Hilfe bei der Identifizierung deiner Stärken?

  • Wünschst du dir, in bestimmten Umgebungen oder Situationen selbstbewusster zu sein?

  • Möchtest du deine Leistungen und Erfolge sichtbarer machen?

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